Patenschaften

Die neugeborenen Kinder werden meist bereits in den ersten Tagen nach der Geburt getauft. Oft bei schlechten Witterungsverhältnissen auch im Elternhaus.
Der Pate (Doud) oder die Patin (Döudlä) sind meist aus der näheren Verwandtschaft, z.B. die Geschwister der Eltern. Oft sind es auch wieder deren Nachkommen, so dass daraus Doudenschaften entstehen.
Das Neugeborene erhält meist neben seinem Rufnamen als weiteren Beinamen den Vornamen des Douds oder des Döudläs.

Als Patengeschenk erhalten die Kinder zu Ostern einen großen gebackenen Osterhasen (vgl. Foto) und an Neujahr eine große Bradze (Brezel).

Zur Konfirmation, mit der die Patenzeit eigentlich endet, wird das Patenkind mit einem Gesangbuch und einer Armband-/Taschenuhr beschenkt.

Der Doud ist dann  bei der Heirat des Patenkindes auch oft wieder der Trauzeuge.

Quelle: Günter Hörner

Polizeidiener

 

Bis in die 1970er Jahre hat der Polizeidiener, zuletzt Georg Diehm, die aktuellen Nachrichten im Dorf verbreitet (ausgeschellt). 
Zur Mittagszeit ging er durchs Dorf und hat an bestimmten Plätzen mit lauter Stimme das Neueste vom Tage, wie Einladungen und Veranstaltungen, oder Anweisungen an die Dorfbewohner, wie beispielsweise das Bachputzen, verkündet. 

Auch den Besuch von Ferkelhändlern oder des Textilhändlers Schmidtchen aus Walldürn hat er angekündigt und regelmäßig monatlich darauf aufmerksam gemacht, dass das Wasser aus der Wasserleitung Kembach auf Weisung des Wasserwirtschaftsamtes Adelsheim nur im abgekochten Zustand zum Verzehr verwendet werden darf. 
Sein Kommen hat er mit einer großen Handglocke, der Schelle, angekündigt und dann gewartet, bis an jedem Haus ein Bewohner vor das Hoftor oder zum Fenster kam.

Der Polizeidiener hat am Vorabend seine abzukündigenden Nachrichten und sonstige Weisungen persönlich mit dem Bürgermeister abgestimmt. Sein Gang durchs Dorf war für die auf der Straße spielenden Kinder das Zeichen zum Heimgehen. Wenn sie dies nicht selbst erkannten, wurden sie von ihm energisch darauf hingewiesen.

Quelle: Günter Hörner

Anm: 

Später übernahm der Ratsdiener diese Aufgabe. Er wurde dann in den 80ern von einer Lautsprecheranlage im ganzen Dorf ersetzt. Diese wiederum wurde Ende der 90er, für die, die Kabelfernsehen hatten, durchs "Kabel" ersetzt. In den 00 erfolgte nur noch ein Aushang im "Kasten" am Rathaus. Seit den 20ern gibt es nun die "KembachApp" und zusätzlich diverse WhatsApp-Gruppen und die Homepage.

 

Singen

Das gemeinsame Singen hatte eine große Tradition.

Nicht nur im Männergesangverein wurde das Singen gepflegt. Bei Familienfesten wie Hochzeiten wurden nach dem nachmittäglichen Kuchenessen mit Kaffee erste Lieder angestimmt. Gemeinsam hat man andächtig zunächst besinnlichere Lieder wie „Kein schöner Land“, „Im schönsten Wiesengrunde“ usw. gesungen. Im Laufe des Abends hat man dann auch eher Trinklieder wie „In einem Polenstädtchen“und zahlreiche andere fröhlich geschmettert.

Auch am Sonntag haben die Wirtshausbesucher gegen Abend nach dem Schafkopfen gemeinsam gesungen. 

In den 1950 und 1960er Jahren hat Adolf Seitz die sangesfreudigen Männer dabei gerne auf der Ziechorgel, die flugs von zu Hause besorgt wurde, begleitet. Bei im Sommer geöffneten Fenstern der Wirtshäuser konnten die zu Hause strickenden Frauen und die Kinder dem fröhlichen Singen der Männer lauschen.

Quelle: Günter Hörner

 

Sitzordnung in der Kirche

Beim Besuch des Gottesdienstes wurde eine traditionelle, ungeschriebene Sitzordnung bis in die 1970er Jahre eingehalten.

Im Kirchenschiff auf der rechten Seite hatten die verheirateten Frauen (ohne namentliche Zuordnung) ihren Platz. Die Jüngsten saßen in der hintersten Bank. Mit den Jahren sind sie dann immer weiter nach vorne gerückt. In der ersten Reihe saß die Frau des Pfarrers, wenn sie, wie Frau Henrici, nicht die Orgel spielte.
 

Auf der linken Seite im Schiff waren die ersten drei Bänke von den Schulmädchen in aufsteigender Reihenfolge besetzt. Dahinter hatten die konfirmierten Mädchen und die noch unverheirateten Frauen ihren Platz.
 

Vorne rechts die vier längs stehenden Bänke waren für die Buben, von Kleinen in der ersten Reihe bis zu den Konfirmanden in der hintersten Bank.

Die rechte Empore wurde von den unverheirateten Männern besetzt.

Die linke Empore war für die verheirateten Männer. In der obersten Bankreihe nahmen die Jungverheirateten, in der vordersten die Senioren Platz. 
 
Diese Anordnung begünstigte, dass die verheirateten Männer ihre Frauen und die Unverheirateten die Mädchen während des Gottesdienstes „im Blick“ hatten. Andererseits konnten die Mädchen und Frauen zu ihren Partnern „aufschauen“.

Die Konfirmanden hatten die Aufgabe zum Gottesdienst die Glocken zu läuten. 
Der Blasebalg der Orgel wurde von den Fünft- und Sechsklässlern getreten.

Quelle: Günter Hörner

Säuglinge

Die Säuglinge werden von den Müttern, gewiß zum Nachtheil der beiderseitigen Gesundheit, sehr spät entwöhnt. 

Während des Sommers werden die kleineren Geschwister der sehr unzuverlässigen Obhut der größeren, oft selbst noch der Aufsicht bedürftigen Kinder anvertraut, laufen ohne Aufsicht auf der Straße und andern gefährlichen Stellen, so dass es wahrlich zu verwundern ist, wenn man nicht von mehr beklagenswerthen Unglücksfällen hören mußte. 

Quelle Festschrift 500-Jahre Kirche

Beim Doktor

Die Behandlung der Kranken läßt hier noch manches zu wünschen übrig. Die Leute sind noch wenig an den Arzt und anhaltendenste Behandlung gewöhnt. 

Im Anfang wird kein Uebel geachtet und erst, wenn es tief eingewurzelt ist, wird ärztliche Hülfe gesucht. Nur selten wird der Arzt ins Ort selbst geholt. Der Kranke geht oder fährt zum Arzt oder man begnügt sich, dem Arzt einen unvollkommenen Bericht durch einen Dritten erstatten zu lassen, woraufhin dann die Ordination erfolgt. 

Die Tüchtigkeit des Arztes wird gewöhnlich nach dem ersten Erfolg bemeßen. Zur längeren Behandlung hat man keine Lust und nicht selten werden in wenigen Tagen 2 bis 3 Aerzte zu Rath gezogen. 

Oder man geht gleich zum Wunderdoktor nach Buch am Ahorn, Höpfingen oder Trennfeld. 

Bei Verwundungen wird das s.g. (sogenannte) Segnen oder Brauchen (Sympathie) in Anwendung gebracht. Uebrigens ist der Gesundheitszustand ein befriedigender. Die Kranken werden aufmerksam gepflegt, freilich oft ohne Rücksicht auf Diät. Bett- und Leibwäsche sind meist reinlich. 


Quelle: Festschrift 500-Jahre Kirche

Hochzeiten

Bis vor etwa fünfzig Jahren wurden die Hochzeiten im Dorf nach alter Tradition begangen. 

In fast allen Fällen war es der Dienstag, an dem man Hochzeit feierte. Die Festlichkeiten fanden, wenn es die Räumlichkeiten erlaubten, im Haus der Braut statt. Meist luden die Brautleute selbst die Hochzeitsgäste ein. 

Bei grösseren Hochzeiten aber beauftragte man zwei Hochzeitslader, die an einem bestimmten Sonntag vor der Hochzeit persönlich bei den einzuladenden Gästen herumgingen. Dabei wurden sie in jedem Haus ordentlich bewirtet. 

Am Hochzeitsmorgen kamen die Gäste schon zum Kaffeetrinken ins Hochzeitshaus. Um halb elf ging das Brautpaar mit zwei Trauzeugen zum Standesamt im Rathaus. Die kirchliche Trauung selbst war auf elf Uhr angesetzt; hierzu zog man gemeinschaftlich vom Hochzeitshaus in die Kirche. Die Aufstellung des Zuges geschah nach fester Rangordnung, voraus - wenn man sie bestellt hatte - die Hochzeitslader, danach das Brautpaar, die beiden Zeugen, die Eltern, die Paten und dann die weiteren Gäste. Bräutigam und Zeugen trugen Gehrock und Zylinder. 

Nach der kirchlichen Trauung und Beglückwünschung begann das große Hochzeitsessen mit Nudelsuppe, Rindfleisch mit Meerrettich, Schweinebraten mit Nudeln und grünem Salat. Als Nachtisch wurden verschiedene Süßspeisen gereicht. Nach dem ausgiebigen Mittagessen machte die Hochzeitsgesellschaft einen Verdauungsspaziergang durch das Dorf. Anschließend traf man sich wieder im Festhaus zum Kaffeetrinken mit Kuchen und Torten. Die Dorfkinder versammelten sich ebenfalls am Hochzeitshaus und jedes nahm ein Stück Hochzeitskuchen in Empfang. Der Brautmutter oblag dieser Aufgabe, wobei sie ganze Körbe voll Kuchenstücke an die Kinder verteilte. 

Auch das Abendessen war eine volle Hauptmahlzeit mit Schnitzeln, Bratwürsten und Salaten. Gefeiert wurde dann mit viel Wein bis in die frühen Morgenstunden. War der Bräutigam Mitglied im Gesangverein, so sang dieser am Abend ein Ständchen; im Beisein der halben Dorfgemeinde wünschte der Vereinsvorstand den Brautleuten Glück, und der Bräutigam dankte. Anschließend war der Verein zu einem gemütlichen Beisammensein in eines der Gasthäuser eingeladen. 

Der Mittwoch galt als zweiter Hochzeitstag. Wieder waren alle Gäste zum Mittagessen anwesend, und jetzt brachten sie ihre Geschenke mit. Die Festrunde blieb nun in froher Stimmung beisammen, bis am Abend die Gäste das Hochzeitshaus verließen. 

Der Donnerstag war dann ein normaler Arbeitstag., 

Freitag war der Umzugstag. Dazu brachten Verwandte, Freunde und Bekannte abermals Geschenke. Die Kembacher nannten und nennen das „Hemmen". Alle, die gehemmt hatten, wurden abends zu einem Schmaus geladen. Um 1912 wurde die Kirchentreppe noch baulich eingefaßt. Über diesen Aufgang schritten früher alle Brautpaare samt Hochzeitszug zur Kirche 

Kam die Braut in ein Nachbardorf zu wohnen, dann wurde der Brautwagen ausgerichtet. 

Am Nachmittag brachte der Dorfschreiner Bettstatt und Schrank für die Braut und baute- den Brautwagen auf. Auf einen Leiterwagen wurden Bretter genagelt und darauf das Bett aufgeschlagen mit Kissen und allem Zubehör. Dahinter kam der Schrank zu liegen. Die Habseligkeiten für die Braut verstaute man unten im Leiterwagen. So gerüstet zog gegen Abend der Leiterwagen aus dem Dorf, mit Pferdegespann voraus, der neuen Heimat zu. 

Etwas später folgte das Brautpaar auf einem Bernerwagen mit zwei Sitzen, dem sogenannten „Räßwagen». Außerhalb des Dorfes warteten die Dorfbuben schon lange auf dieses Ereignis. Sie hatten Seile über die Straße gespannt, und erst wenn der Bräutigam Kleingeld unter sie „geschmissen" hatte, ließen sie das Seil fallen und gaben dem Brautpaar den Weg frei. 

Damit fand die Hochzeitswoche ihren Abschluss. 

Quelle: Hermann Hemmerich

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